Illustration: Playground | blackmortis
Als ich heute Morgen erwachte, durchflutete mich eine unerwartete Erkenntnis – eine, die mit sehr großer Erleichterung verbunden war.
Die wiederkehrenden, abstrusen und erschreckenden Bilder, welche mich seit Längeren heimsuchen, sind mitnichten albtraumhafte Realität, sondern in Wahrheit Geschehnisse, einem gruseligen Seefahrerroman entsprungen - die absonderlichen Figuren darin allesamt von einem wahren Meister seines Fachs ersonnen.
Denn wie sonst ließe ich sich ein leck geschlagenes Geisterschiff mit einem offensichtlich irrsinnigen Kapitän erklären, das auf hoher See unverdrossen auf die nebeligen Abgründe am Rande der Welt zusteuert? Einmal davon ausgehend, dass die Erde in einem Buch durchaus als Scheibe daherkommen darf. Der Schiffsführer ist mit unübersehbaren Makeln behaftet – blind und taub, ein Ausbund an Anmaßung, seine Vergangenheit überaus rätselhaft. Indes, er wird von einer schaurig anmutenden, zusammengewürfelten Mannschaft, bestehend aus Hasardeuren, Opportunisten und gescheiterten Existenzen, in seinem irrwitzigen Handeln bejubelt und bestärkt. Kurzum: Eine Bande übelster Spitzbuben setzt den Kurs. Ob auf dem Schiff noch eine Handvoll beherzter Meuterer übrig geblieben ist, die den Kapitän des Grauens eines Nachts aus der Kajüte schleifen wird, um ihn und seine treusten Spießgesellen endlich ins Meer zu stoßen? Auf, dass die ungebärdige See sie allesamt verschlingen und für alle Zeiten in der Tiefe festhalten möge!
Ich hoffe inständig, dass es nur meine Fantasie ist, welche mir solch` gespenstische Gestalten vorgaukelt! Es sind insbesondere die Weiber in diesem Tableau, die mir den Frieden rauben. Unerträglich laut, von wenig ansehnlicher Erscheinung und obendrein vom moralinsauren Dunst der Bigotterie durchtränkt.
Es kann sich nur um ein Trugbild, um verzerrte Ausgeburten der Vorstellungskraft handeln. Oder um einen Albtraum. Alles andere darf nicht sein.
Denn wären die Geschehnisse Realität, führe das Schiff, das einstmals schön und majestätisch durch friedliche Wellen glitt, unausweichlich seinem Verderben entgegen. Und dies wäre eine wahrhaftige Seefahrertragödie!
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